Mein Mann und ich gehen gerne auf Mittelaltermärkte und ein Mal im Jahr auf ein Mittelalterfestival. Letztes Wochenende waren wir auf Gut Leimershof und da war so eine Holzbank … sehr bequem. Wir haben uns hingesetzt und unser mitgebrachtes Obst herausgeholt … alles super … dann bin ich aufgestanden und eine der Schrauben hatte ein kleines Loch in mein Gewand (ist übrigens aus Leinen) gerissen.
Und bevor ich weiterschreibe: Der Stoff des Kleides ist ziemlich schwer, doch auch bei 28 °C und hoher Luftfeuchtigkeit schwitzt man damit weniger als im dünnen Baumwollkleid. Also zurück zu den Wurzeln, zu den Faserpflanzen, die zu unserer Herkunft gehören: Leinen und Nessel … oder eben Wolle.
Erst war ich ziemlich sauer auf mich selbst, dass ich nicht besser hingesehen habe, doch dann dachte ich mir: sehen wir es doch einmal auf japanische Art: dort macht man, wenn etwas kaputtgeht, eine sichtbare Reparatur, die das Teil aufwertet – und warum denn nicht?
(Übrigens: Sticken kann ich, aber oft mag ich nicht …)
Ich hatte ja noch etwas helleres Leinengarn zu Hause und von nun an wird mich das Loch im Kleid an Gut Leimershof 2019 erinnern und an viele wunderbare Gespräche, unter anderem mit Peggy und dann mit Briska, die ich dieses Jahr dort kennengelernt habe. (So ganz nebenbei: wir sind viele, sehr viele, die ähnlich denken und tun).
Wir sehen Risse, Flecken usw. immer als Fehler an, doch letztendlich, sind es doch Erinnerungen an bestimmte Dinge. Wir müssen das nur in unserem Gedankengut ändern. Wir nehmen so viel von anderen Kulturen an, also warum nicht auch althergebrachtes aus Japan? Reparieren und damit aufwerten. So werden unsere Kleider mit der Zeit zum Erinnerungsstück.
Wobei wir bei Erinnerungsstücken sind: hier ein Foto vom Socken stopfen. Diese Socken habe ich gestrickt, als ich 16 war und sie begleiten mich noch heute 🙂 und das sind viele, viele Jahre (zum Zeitpunkt des Schreibens 38 Jahre). Selber machen und reparieren lohnt sich … wir müssen unser Gesellschaftssystem neu erfinden, neu erdenken … hallo, sind wir nicht das Land der Dichter und Denker?
In diesem Sinne … nachdenken … wir werden Lösungen finden.
(Sabine Wanner)